Willkommen zur vierten und somit letzten Episode der 4-teiligen Podcastreihe zum Thema „Prävention“
Würden Sie sich als spirituell oder religiös bezeichnen? Oder ist es für sie ein sowohl als auch bzw. ein weder-noch!
Die letzte Säule des WolffloW-Resilienz-Konzepts umfasst einen Begriff, der in seiner Bedeutung einen besonders großen persönlichen Interpretationsspielraum zulässt. Deshalb ist es wieder die Achtsamkeit, welche – in Kombination mit gezieltenFragen und einem erfahrenen Gesprächspartner auf diesem Gebiet – die Wichtigkeit eines Wortes in Frage stellt, das meiner Meinung nach etwas aus der Mode gekommen ist.
Deshalb nehmen sie sich noch einmal eine kurze Auszeit und beenden Sie gemeinsam mit uns die 4teilige Reise, wo sich heute alles um den Begriff der Spiritualität dreht.
Seine ersten 6 Lebensjahre verbrachte Nary Kapolnek zum Großteil in indischen Tempeln. Gemeinsam mit seinen Eltern und unter der Obhut indischer Großmeister wurde er schon sehr früh an Themen herangeführt, mit denen sich viele erst im letzten Drittel ihres Lebens auseinandersetzen. Nach seiner 10jährigen Karriere im internationalen Tischtennis-Spitzensport unterstützt er heute als Lebens und Sozialberater, Mental-Trainer und Business-Coach Menschen, die bereit sind ihr Potential erkennen und nutzen zu wollen. Mit dem von ihm entwickelten System der Glücksgespräche eröffnet er seinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern Wege zu innerer Ruhe, Gelassenheit und Leichtigkeit. Einige seiner einfach umzusetzenden Praxistipps sind auch in seinem 2022 erschienen Buch „Frei und glücklich leben“ zu finden. Für das Interview durfte ich ihn in seinem privaten Coaching-Raum besuchen.
WolffloW:
Eine detaillierte Begriffsdefinition zum Begriff Spiritualität zu finden ist im digitalen Zeitalter kein allzugroßer Aufwand mehr. Was bedeutet dieser Begriff für dich persönlich, bzw. woran, also an welchen Verhaltensweisen, erkennt man Menschen, die spirituell sind?
Nary:
Nun Spiritualität ist für mich etwas sehr, wie soll ich sagen, sehr Grundlegendes, weil Spiritus bedeutet ja soviel wie Geist und das bedeutet, jeder der einen Geist hat, oder der glaubt, dass er auch nur mehr als sein Körper ist oder, dass er einfach träumt wenn er schläft obwohl der Körper ruhig ist, ist ja schon auf eine gewisse Art und Weise spirituell. Auf dieser wirklich Baseline sozusagen. Woran man es jetzt im Alltag erkennen würde, wenn jemand sich als spirituell identifiziert sagen wir einmal, ist, dass die Person wahrscheinlich etwas gelassener mit den Themen umgeht und auch wenn Schwierigkeiten auf die Person zukommen, die Person kein Drama damit hat, dass es gerade Drama in ihrem Leben gibt. Ja, wenn das Sinn macht. Sie macht kein Metadrama, wenn man so möchte, sondern sie nimmt viel mehr das an, was gerade passiert und kann dadurch natürlich viel leichter Lösungen dafür finden, weil sie nicht beschäftigt ist mit den Konfliktgesprächen, die dann in ihren Kopf losgehen, sondern viel mehr damit beschäftigt ist damit, ok wofür ist das eine Gelegenheit? Was kann ich jetzt tun? Und das ist so meine Definition davon und ich glaub auch durchaus, dass manche Menschen, die sehr erfolgreich sind im Beruf, in der Karriere oder auch im Sport, ohne, dass sie von sich sagen würden, dass sie spirituell sind. Und dementsprechend ist das für jeden so ein bisschen eine eigene Definition, aber aus meiner Sicht ist das wie man Spiritualität im Alltag erkennen könnte.
WolffloW:
In meinen eigenen Workshops habe ich die Erfahrung gemacht, dass, wenn das Thema Spiritualität ins Spiel kommt, diese oft mit dem Begriff der Religion in Verbindung gebracht wird. Lässt sich hier eine Trennlinie zwischen Religion und Spiritualität ziehen oder gibt es diese gar nicht? Falls doch: Wodurch unterscheidet sich die Spiritualität von der Religion für dich?
Nary:
Das ist eine sehr gute Frage, weil ich die Erfahrung auch schon oft gemacht habe und ich glaube die meisten Menschen hatten früher einfach nicht den Zugang dazu außerhalb der Religion. Also da waren die Menschen noch so sehr mit dem Überleben beschäftigt, dass noch kein Platz dafür war auf der geistigen oder auf der mentalen Ebene zu arbeiten, außer eben in der Kirche, in der Moschee, wo auch immer, außer im Kontext der Religion und für mich ist so die Abgrenzung, dass Religion meistens verbunden ist mit gewissen Regeln, denen ich mich unterordnen muss, sonst passiert das eine oder andere, sei es jetzt Himmel oder Hölle oder Karma oder etwas in diese Richtung versus Spiritualität bedeutet einfach das Leben in vollen Zügen zu leben und das bedeutet natürlich körperlich und materiell aber das bedeutet natürlich genauso in der Beziehung in der Gesundheit und eben auch auf der mentalen Ebene. Das ist da alles so inkludiert für mich. Und dementsprechend, ja ist der Unterschied, dass das eine mit einem, so einem Dogma mit so gewissen Regeln verbunden ist und, das bei der Spiritualität gar nicht notwendig ist, sondern da geht es eher wirklich darum, wie kann ich das Leben leben, was kann ich tun und wie kann ich mein Potential entfalten, wie kann ich was beitragen zu etwas, dass größer ist als nur ich.
WolffloW:
Wie bei den anderen 3 Säulen Gesundheit, Beziehungen und materiellen Voraussetzungen stellt sich auch hier die Frage, kann ich etwas zum Erhalt, bzw. Aufbau der Säule Spiritualität im Sinne von präventiven Verhaltensmaßnahmen tun. Wenn ja, was könnte ich tun und worauf sollte mein Fokus dabeiliegen?
Nary:
Aus meiner Sicht ist der größte Punkt der Kontakt zu dir selber. D.h. wenn dir das Leben passiert und du bist ständig beschäftigt mit anderen Menschen anderen Dingen die zu tun sind anderen Kunden, Klienten, Mitarbeiter usw. und so fort, dann wird dafür wenig Platz sein im Alltag, weil der Platz dafür nicht geschaffen wurde, weil die Aufmerksamkeit permanent von anderen Menschen, von Werbungen von ToDo’s eben eingezogen wird, sozusagen und um das konkret im Alltag, die Spiritualität im Alltag leben zu können und auch dafür zu sorgen, dass das Platz bekommt. Präventiv würde ich sagen, dass es einen Platz braucht, wo du einfach Zeit für dich hast. Das kann sein in 10 Minuten Meditation am Tag oder ein 10minütiges Glücksselbstgespräch sozusagen. Wo du einfach mit dir zusammen bist und einmal hineinhörst und mal die ganze Welt auf Pause setzt und einfach hineinfühlst was gerade so bei dir passiert, was gerade so an Gedanken ansteht und was dich gerade am meisten beschäftigt. Und dadurch auch wieder Kontakt mit dir selbst findest. Weil, wenn man das vom Sanskrit aus Indien übersetzt, würde man sagen, es gibt einerseits die MAJA was soviel bedeutet wie alles Vergängliche, die Täuschung dieser Welt, wenn du so möchtest, bisschen übertrieben ausgedrückt, aber ich glaube es ist verständlich. Und dann gibt’s den Jivatman. Und dieser Begriff besteht aus zwei Begriffen, einmal Jiva, was so viel bedeutet wie Lebewesen oder Körper und auf der anderen Seite ATMA, was soviel bedeutet wie Seele, Selbst oder Bewusstsein. Und ich finde es drückt es so gut aus, dass Beides Teil von uns ist, sowohl die Seele, das Selbst, das etwas irgendwie schon immer da war und immer da sein wird, als auch JIVA, also der Körper und das Vergängliche, das Tool mit dem du in dieser Welt halt rumrennst, sozusagen. Und beides ist aber Teil von dir, ich kann mich nicht für das eine oder für das andere entscheiden, ohne, dass es mir früher oder später schlecht geht damit. Und Spiritualität bedeutet dann im Prinzip, Platz für beides zu schaffen, also nicht zu viel in den Lüften zu sein, sondern wirklich was zu tun, aber auch nicht nur zu tun, sondern hin und wieder mal das Leben aus der Vogelperspektive zu betrachten und zu schauen, was ist jetzt wirklich sinnvoll, was ist jetzt wirklich dran.
WolffloW:
Nun, die Auswirkungen spirituellen Verhaltens auf das einzelne Individuum sind jetzt nachvollziehbar würde ich mal behaupten. Wie könnte dieser Begriff im nächsten Schritt in den Kontext von Organisationen und Unternehmen passen, wie könnte da die aktive, gelebte Form der Spiritualität aussehen? Ist dieser Begriff in Organisationen denn überhaupt von Bedeutung?
Nary:
In Organisationen würde ich mir das dann so vorstellen, und so habe ich es auch schon oft erlebt und gesehen, dass dadurch, dass es den Individuen besser geht und dadurch, dass das Unternehmen auch mehr auf die Individuen schaut, weil das Unternehmen ist natürlich dafür da Profit zu machen, aber das Herz des Unternehmens sind natürlich die Menschen und die Mitarbeiter. Sprich, die Spiritualität würde dafür sorgen, dass es den Mitarbeitern besser geht, sie dadurch auch anders miteinander umgehen, anders mit den Kunden umgehen und so dafür sorgen, dass es ein anderes Arbeitsklima gibt, dass es auch dann im weiteren Schritt sich anders darauf auswirkt, warum die Mitarbeiter überhaupt in dieser Organisation arbeiten. Sie dadurch mehr verstehen, dass das nicht nur einen Nutzen für sie hat, also Geld zu verdienen, sondern, dass es tatsätzlich auch einen Nutzen hat hier zu sein, weil diese Vision der Spiritualität diese Vision etwas, die Welt einen Ort zum Besseren zu gestalten. Also zu einem besseren Ort zu gestalten, dass sie da mit Teil davon sind und dass sie dementsprechend eine andere Sichtweise bekommen, die oft nur die höchsten Führungskräfte oder nur die Unternehmer selber haben, dass sie wirklich verstehen, also mir geht’s besser wenn ich hier bin, das bedeutet ich trag vielleicht auch was dazu bei, dass es in der Welt besser wird, indem ich hier das tu was ich halt dazu beitragen kann. Weil die Spiritualität dann auch irgendwie zeigt, ok also, da gibt’s einen Spruch ok, also nicht ich kann Erleuchtung erlangen, sondern offenbar können nur wir alle zusammen Erleuchtung erlangen. D.h. meine Aufgabe ist vielleicht weniger nur meinen Teil zu tun indem ich schau, dass ich besser werd, sondern meine Aufgabe ist vielleicht meinen Teil zu tun indem ich schau, dass wir alles besser werden. Und ich bin davon überzeugt, dass das jeder Organisation jedem Unternehmen jedem Mitarbeiter und jedem Kunden sehr gut tut weil dadurch auch die menschliche Seite mehr hervorgekehrt wird und Menschen kaufen von Menschen, Menschen kaufen nicht von Unternehmen. Deswegen glaube ich, dass es einen großen Einfluss darauf hätte.
WollfloW:
Tja, und mit der Beantwortung wie sich Spiritualität auch auf das Kollektiv auswirkt bleibt für mich nur noch eines zu sagen:
Gibt es noch eine Frage die in diesem Interview noch nicht gestellt wurde und auf die du gerne antworten möchtest?
Nary:
Eine Frage die mir noch wichtig ist, die ich gern noch gestellt bekommen würde ist, muss ich jetzt etwas aufgeben um spirituell zu sein oder muss ich mir irgendwas aneignen, irgendwie religiöse Züge oder dergleichen?
Und die Antwort darauf ist aus meiner Sicht ganz klar, ich hab’s zwar vorher schon beantwortet aber oft wird das nicht sofort für bare Münze genommen, oft glaubt man das nicht sofort. Aber sogar die Mönche in Indien wo ich aufgewachsen bin haben gesagt: Helfende Hände sind besser als betende Hände und bedeutet soviel wie du musst dich nicht verändern, du musst keine religiösen Züge aufnehmen, du musst nicht irgendwie Räucherstäbchen kaufen oder irgendwas in dieser Richtung machen, sondern das einzige wovon du mehr machen kannst ist ein bisschen mehr Zeit mit dir selber, ein bisschen mehr dich mit dir selbst beschäftigen und in Kontakt mit dir selbst zu kommen. Nicht sofort zu antworten, wenn dir Fragen gestellt werden, sondern einmal nachzudenken, wie geht es mir wirklich damit, was möchte ich darauf wirklich antworten. Immer wieder, egal ob du in Beziehung bist oder ob du alleine bist oder ob du gerade am Handy bist, dich kurz zu distanzieren und dich kurz wieder mit dir zu verbinden und zu schauen, ok was ist da jetzt wirklich dran, was möchte ich jetzt wirklich beitragen, was möchte ich jetzt wirklich sagen. Und was ist mir wirklich wichtig unabhängig davon wie das vielleicht ankommt oder vielleicht nicht ankommt. Sprich, du musst nichts anderes tun als mehr du selbst zu sein und dich aber auch mehr mit der selbst zu beschäftigen um herauszufinden wer du wirklich bist. Denn die Chancen stehen sehr hoch, dass du das nur zum Teil weißt oder vielleicht sogar nur zum kleinen Teil weißt und es dir bisher immer andere Menschen, andere Dinge oder Kontexte vorgegeben haben. Du es aber noch nie so wirklich herausgefunden hast wer oder was du bist jenseits von der MAJA, jenseits von der materiellen Welt in der Leistungsgesellschaft. Und ich glaube das wäre extrem, extrem sinnvoll und würd ich dir von ganzem Herzen empfehlen.
Outro:
Vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben, um auch in der letzten Episode der 4teiligen Reihe zum ThemaPrävention bis zum Schluss dran zu bleiben.
Alle Informationen zu meinem Gesprächspartner finden Sie wie immer im Lesetext des Podcasts auf www.wolfflow.at
Diese Podcastreihe ist eine Eigenproduktion von WolffloW-Awareness und beschreibt mit den 4 Episoden: Gesundheit, Beziehungen, Materielles und Spiritualität die Grundsäulen des WolffloW-Resilienz-Konzepts. Dieses wird entweder im 1 bis 3tägigen Workshopformat für Unternehmen oder im Einzelcoaching angeboten.