Hallo und Willkommen im 8samkeits-Labor. Hier werden sowohl aktuelle Trends als auch Altbewährtes auf den Prüfstand gestellt und wie soll es anders sein „achtsam“ unter die Lupe genommen.
Mit empirischen Daten kann dieses Labor zwar nicht punkten, dafür aber mit spannenden Kommentaren und Erfahrungsberichten, die Sie zum Nachdenken bringen werden.
Für diese Ausgabe bin ich selbst in die Rolle des Probanden geschlüpft und wollte wissen wie sich der aktuell gehypte Begriff „Digital-Detox“ denn so anfühlt.
Soviel schon mal vorweg. Mein erster 10-tägiger Versuch im Sommer hat zu einem freiwilligen zweiten Versuch geführt der sogar 14 Tage gedauert hat.
Und um genau diese Erfahrungen mit allen Höhen und Tiefen drehen sich die nächsten paar Minuten.
Also lehnen Sie sich zurück, und lassen Sie sich über das digitale Format erklären, wie es mal ohne Digi wäre!
Der Lesetext ist wie immer mit dem Link: „Transkript zum Podcast“ gekennzeichnet!
Viel Vergnügen!
Für meinen Selbstversuch habe ich nachfolgenden Parameter festgelegt um das Ergebnis im Sinne einer Vorher-Nachher-Analyse besser bewerten zu können.
Den Start macht dabei das Motiv. Was bewegt jemanden dazu, sich digital entgiften zu müssen?
In meinem Fall war es eine Mischung aus Neugierde und dem großen Bedürfnis nach Erholung.
Mindestens genauso wichtig: Der Test-Zeitraum. Um die sehr eingeschränkte Unerreichbarkeit nicht als Grund für einen Abbruch nehmen zu müssen, habe ich mich für eine berufliche Randzeit entschieden und meine Tests in der Haupturlaubszeit im Sommer und in der Weihnachtszeit gemacht.
Dann benötigt es noch Richtlinien, also was ist erlaubt und was nicht. Diese beinhalteten auch gleich das Verhalten in möglichen Ausnahmesituationen. Hier habe ich mich mit Fragen beschäftigt wie z.B.: darf ich denn mein Handy bei einer Panne einschalten, wenn ich auf der Autobahn hängen geblieben bin und draußen regnet es in Strömen? Oder wie verhalte ich mich, wenn mir über Umwege zu Ohren kommt, dass ein Kunde seit Tagen dringend versucht mich zu erreichen.
Bleibt am Ende noch die Forschungsfrage übrig, und die lautet folgendermaßen:
Welchen Einfluss haben ein 10- bzw. 14-tägiger totaler Verzicht von digitalen Hilfsmitteln auf:
- Das körperliche Wohlbefinden
- Den mentalen Zustand
Nachfolgend hören Sie nun einige ausgewählte Einträge aus meinem handschriftlich geführtem Tagebuch:
Erster Selbstversuch im Zeitraum vom 8. bis 18. Juli 2022
Tag 1: Habe mir heute ein Rätselheft gekauft und meinen Schallplattenspieler wieder aktiviert. Ohne YouTube und Co. wird es plötzlich sehr still. Und um diese Stille anfänglich besser auszuhalten switche ich zuerst mal auf analoges Entertainment um.
Tag 4: Obwohl ich tiefer und länger schlafe als sonst fühle ich mich noch sehr müde. War heute ohne Navi bei meiner Tochter in Wien um ihr beim Aufbau des Kleiderschranks in ihrer neuen Wohnung zu helfen. Glücklicherweise hatte ich noch Papierparkscheine im Handschuhfach. Dass Handyparken ohne Handy wirklich nicht funktioniert, kam mir erst zu spät in den Sinn.
Tag 6: Heute sind wir gemeinsam mit unseren Freunden bei einem Open Air Konzert gewesen. Spannend, dass man sich trotz Menschenmassen auch ohne Handy wieder findet, indem Treffpunkte und Uhrzeiten ausgemacht werden. Erstmals fällt mir auf wie viele Menschen durch ihr Handy auf die Bühne schauen. Wenn ich selbst nicht daran denke, erschrecke ich kurz und taste nach meinem nicht vorhandenen Mobiltelefon in der Gesäßtasche. Da befinden sich allerdings seit Tagen stattdessen die Geldscheine.
Tag 8: Habe heute mein drittes Buch zu Ende gelesen. Vielleicht ist es nur Einbildung, ich denke allerdings, dass ich besser höre. Benötige auch beim Autofahren aktuell keine Brille, was eher ungewöhnlich ist. Kann mich besser konzentrieren und länger den Fokus halten als vor meiner Auszeit.
Tag 10: Der Erholungspuls bei meiner jeden 2ten Tag stattfindenden Ausdauereinheit am Rad fällt jetzt in 60 Sekunden unter 100 Schläge pro Minute, wo er vor 10 Tagen noch 2 Minuten dafür benötigt hat. Ebenso hat sich mein Blutdruck, den ich immer zur selben Tageszeit messe von 145 / 90 auf 125 / 85 gesenkt.
Der zweite Selbstversuch hat im Zeitraum von 21.12.22 bis 3.1.23 stattgefunden. Bewaffnet mit den Erfahrungen aus dem Sommer ist der Einstieg in die 2. Runde wesentlich geschmeidiger verlaufen:
Tag 1: Anders als beim ersten Mal habe ich die 2. Versuchsreihe etwas weniger extrem gestartet und mich mit einem 17 Jahre alten TastenHandy ohne Internet und Kamera, ausgestattet. Da mich der Umstand des „Im-Notfall-Nicht-Erreichbar-Seins“ mehr stresst als das sowieso ausgeschaltete Uraltgerät nehme ich es jetzt mit wenn ich länger als ein paar Stunden das Haus verlasse. Musste allerdings bereits 2x umkehren, da ich es dann doch vergessen habe.
Tag 3: Diesmal ging es sehr schnell und ohne Komplikationen die seit Monaten gleichbleibenden Tagesroutinen Aufstehen-Arbeiten-Essen-Trainieren-Schlafen gehen, gegen Aufstehen-Faulenzen-Essen-Spazieren gehen, viel Schlafen auszutauschen. Ich merke, dass ich schneller zur Ruhe komme als beim ersten Mal. Die Vorfreude in Ruhe Lesen zu können und von mir gezielt ausgewählte analoge Information aufzunehmen ist groß, und zwar so groß, dass ich bereits am Ende des 2. Buches angelangt bin.
Heilig Abend: Da ich an diesem Tag generell alle Kommunikationsgeräte meide, erkenne ich keinen Unterschied. Einzig beim Festhalten von besonderen Momenten möchte ich zum Handy greifen um ein Foto zu machen. Am Ende wird es dann doch die Retro-Polaroid Kamera meiner Frau bzw. andere Mitfeiernde, die Fotos machen und in die Whats App Familiengruppen schicken. Der Gedanke, dass ich diese Fotos später anschauen kann und dass meine Auszeit ein Ende hat, entspannt mich dann noch mehr als ich gedacht habe.
Tag 9: Kunst und Kulinarik in Form eines Besuchs im Museum für angewandte Kunst mit anschließendem Abendessen. Ich kann mich vollkommen auf die Bilder und Geschichten einlassen. Ebenso schmeckt das Essen intensiver als sonst. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein? Auf jeden Fall habe das Gefühl, dass meine Sinne geschärfter sind als davor.
Tag 13: Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal Lange Weile empfunden habe. Heute war jedenfalls so ein Tag. Überraschend ist auch die Selbsterkenntnis, dass ich diesen Umstand ohne Probleme akzeptieren konnte, um nicht zu sagen sogar genossen habe. Nichts Tun ohne das Bedürfnis etwas tun zu müssen ist wunderbar!
Abschließend möchte ich nochmal den Bogen zurück zu meiner Eingangs erwähnten Forschungsfrage spannen:
Sie erinnern sich vielleicht noch:
Welchen Einfluss haben ein 10- bzw. 14-tägiger totaler Verzicht von digitalen Hilfsmitteln auf
- Das körperliche Wohlbefinden
- Den mentalen Zustand
Körperlich habe ich mich nach beiden Versuchen genauso gefühlt, als hätte ich 2 Wochen Strandurlaub hinter mir, nur mit dem Unterschied, dass ich weder barfuß im Sand spazieren gegangen bin noch im Meer gebadet habe.
Mein Akku hat sich in dieser Zeit vollständig aufgeladen, auch wenn es mir zu Beginn mehr Kraft gekostet hat die Digitalen Hilfsmittel loszulassen und bewusst darauf verzichten zu müssen.
Die Ergebnisse haben sich nach den ersten 3 Tagen in Form einer besseren Schlafqualität eingestellt was wiederum dazu geführt hatte, dass ich bewusster mit mir selbst umgehen konnte. Wer sich spüren kann, kann auch spüren was gut bzw. schlecht für einen ist.
Was meinen mentalen Zustand betrifft kann ich von mir behaupten, dass das Eine das andere bewirkt. Fühle ich mich körperlich wohl, habe ich auch eine positivere Einstellung zum Leben. Wer Geschehnisse in der Außenwelt bewusster wahrnehmen kann, entwickelt ein gesundes Verhältnis zu sich selbst.
Also, meine persönliche Empfehlung lautet: Versuchen sollten Sie es auf jeden Fall. Achten Sie dabei aber immer auf Ihre persönlichen Wohlfühlgrenzen. Wenn es Sie zu sehr stresst Ihr Handy wegzulegen, und nicht in den Computer zu schauen, dann verringern Sie Dosis, indem Sie z.B. damit beginnen diesen Vorgang auf nur einmal täglich zu reduzieren.
Die Kunst ist es nicht die Digitale Welt zu umgehen und ihre Geräte auszuschalten. Die Kunst liegt darin, diese Geräte bewusst einzuschalten!
Schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben und dieser ersten Ausgabe des 8samkeits-Labs bis zum Schluss gefolgt sind.
Wenn Sie mehr über Digital Detox oder Digital Shut-Down im Alltag erfahren möchten, kontaktieren Sie mich gerne unter der Email-Adresse jh@wolfflow.at, ich freue mich natürlich auch über altmodische analoge Briefpost: Diese bitte allerdings an Josef Hinterecker, WolffloW – Anny-Wödl-Gasse 3, 2700 Wiener Neustadt.
Diese Sendung wurde gesponsert von: EVOLVE